Unsere Empfehlungen

Die Buchhändlerin empfiehlt im März 2024

empfohlen von:

Elvira Hanemann

Elvira Hanemann

Kommt ein Pferd in die Bar David Grossman

gebunden

Die Buchhändlerin empfiehlt im März 2016

David Grossman:
„Kommt ein Pferd in die Bar“
Übersetzerin: Anne Birkenhauer
Hanser Verlag
19,90 €

David Grossman. 1954 in Jerusalem geboren, gilt –neben Amos Oz –als der bedeutendste israelische Gegenwartsautor.

Nach einem Studium (Theater und Philosophie) arbeitete er für den Rundfunk. Er schrieb Kinder- und Jugendbücher, Theaterstücke, Romane und Essays. Grossmans zweitältester Sohn starb 2006 im Krieg, einige Tage nachdem David Grossman gemeinsam mit Amos Oz und Abraham B. Jehoshua öffentlich vom damaligen Regierungschef Olmert eine Einstellung der Kämpfe im Libanon verlangte. Grossman ist Friedensaktivist und gilt als Linksintellektueller, der sich in Israel für eine Aussöhnung mit den Palästinensern einsetzt.

Bei Grossmans neuem Roman handelt es sich um die Beschreibung eines einzigen Abends. Ein Stand-Up-Comedian gibt in einer israelischen Kleinstadt seine Abschiedsvorstellung. Dazu lädt er einen alten Jugendfreund, den er ewig nicht gesehen hat, ein. Das Publikum möchte sich amüsieren, doch der Abend, der mit geschmacklosen Witzen - die aber vom Publikum bejubelt werden - beginnt, steigert sich zu einer entsetzlichen Selbstentblößung. Der Komödiant hält sein Publikum - und uns Leser - in Atem, indem er die traumatische Geschichte seiner Kindheit erzählt.

Der Zuhörer, ein Richter, der in seinem Beruf Menschen immer genau betrachtet hat, soll ihn und seine Show aufmerksam beobachten und ihm danach erzählen, was und wen er gesehen hat. Er soll ihn „erkennen“.

Anfangs möchte der Richter, aus dessen Perspektive der Roman erzählt wird, nur weglaufen, die dargebotene Show ist zum Fremdschämen, doch der Wechsel zwischen Klamauk und der sehr persönlichen Geschichte des Dovele Grinstein fasziniert ihn immer mehr. Schließlich muss er erkennen, dass diese Geschichte viel mit ihm selbst zu tun hat.

Auch sitzt eine Frau im Publikum, die sich als jemand, der ihn in seiner Kindheit kannte bezeichnet und sehr verstört ist über den heutigen Zyniker und ihn erinnert, dass er doch „ein guter Junge“ gewesen sei.

Wie schwer das Schicksal diesem „guten Jungen“, Sohn von Holocaust – Traumatisierten, Außenseiter und Auf-den- Händen-Geher mitgespielt hat, erfährt man nach und nach. Viele der Zuhörer, die sich auf einen fröhlich-unterhaltsamen Abend eingestellt hatten, verlassen – je weiter die Show fortschreitet – verärgert den Saal; doch diejenigen die bleiben, werden emotional immer weiter verstrickt.

Man ist als Leser hin - und hergerissen zwischen Abscheu, Mitleid und Faszination. Viele unterschiedliche Gefühle werden wachgerufen, aber klar ist: Langeweile ist nie dabei!

Elvira Hanemann

zum Produkt € 19,90*

empfohlen von:

Elvira Hanemann

Elvira Hanemann

Ein untadeliger Mann Jane Gardam

gebunden

Die Buchhändlerin empfiehlt im Dezember 2015

Jane Gardam
Ein untadeliger Mann
Übersetzerin: Isabel Bogdan
Hanser Verlag 22,90 €

Jane Gardam wurde 1928 in North Yorkshire geboren. Als einzige Schriftstellerin wurde sie gleich zweimal mit dem Whitbread/ Costa Award ausgezeichnet.

„Old Filth“ wird Eddie Feathers genannt, doch das ist nicht etwa ein Hinweis darauf, dass der betagte Herr er in irgendeiner Weise schmutzig sei, sondern es ist die Abkürzung für „Failed In London Try Hongkong“, was eine ironische Beschreibung für diejenigen Anwälte war, die es in die britischen Kolonien verschlagen hatte.

Eddie ist ein britischer Gentleman, wie er im Buche steht, aufrecht, anständig, ein wenig altmodisch. Nach seiner Pensionierung – er war lange Jahre Richter in Hongkong gewesen, zog er mit seiner Frau Betty wieder nach England zurück. Nach Bettys plötzlichem Tod, den er absolut nicht wahrhaben will, erinnert er sich an seine Kindheit und Jugend und macht sich auf den Weg, alte Lebensgefährten zu suchen. Diese Reise in seine Vergangenheit führt uns nach Malaysia, nach Hongkong, aber auch nach Wales, wo er und seine Cousinen als „Raj-Waisen“ von einer entsetzlichen Pflegemutter aufgezogen wurden.

Im hohen Alter wird er einiges über sein bisheriges Leben, darunter auch den Blick auf seine perfekte Ehe revidieren müssen.

Was ist es eigentlich genau, was nur britische Schriftsteller so gut können? Ich weiß es nicht genau, aber dass Jane Gardam eine der großen englischen Autorinnen ist, das kann ich nach der Lektüre mit Sicherheit sagen. Der Roman zeichnet sich durch die gekonnte Verknüpfung von subtilem Humor, Skurrilität und elegantem Stil mit tiefem Gefühl und Herz aus.

„Ein untadeliger Mann“ ist ein meisterhaft komponiertes, ruhiges Buch, das Einblicke in die Kolonialgeschichte bietet, vor allem aber eine herzergreifende Geschichte über Menschen, Freundschaft und Liebe erzählt.

Elvira Hanemann

zum Produkt € 24,00*

empfohlen von:

Elvira Hanemann

Elvira Hanemann

Können wir nicht über was anderes reden? Roz Chast

gebunden

Die Buchhändlerin empfiehlt im Oktober 2015

Roz Chast

Können wir nicht über was anderes reden?

Rowohlt Verlag

Übersetzt von Marcus Gärtner

19,95 €


Roz Chast zeichnet Cartoons für den "New Yorker", sie, 1954 geboren, wuchs in Brooklyn auf und studierte Malerei an der Rhode Island School of Design. 2014 wurde sie mit dem National Book Critics Circle Award und 2015 mit dem Reuben Award ausgezeichnet.


Roz, eigentlich Rosalind, wendet sich in dieser Graphic Novel einem wichtigen Thema zu: dem Altwerden und Sterben der eigenen Eltern.


Als die Ich-Erzählerin mal wieder ihre alten Eltern, die relativ weit von ihr entfernt wohnen besucht, ist sie entsetzt: der Haushalt ist verwahrlost, die Eltern offensichtlich nicht mehr lange imstande, alleine so weiter zu leben. Doch jedes Gespräch über die Zukunft wird abgeblockt mit dem Satz "können wir nicht über was anderes reden?" Gedanken über den Tod oder auch nur über die Frage ob ein Altersheim oder Pflege zu Hause werden negiert. Doch es ist klar: irgendetwas muss geschehen!


In sensiblen, manchmal lustigen wie auch traurigen Rückblenden erzählt Chaz von der Vergangenheit ihrer Eltern. Sie, jüdische Amerikaner, werden sehr liebevoll mit allen möglichen Schrullen gezeichnet.


Die Autorin selber macht so ziemlich alles an Gefühlen durch: Liebe, Rührung, Verzweiflung, Wut und Sorgen. Sie macht sich Gedanken über das eigene Altern, darüber wie sich ihr Leben ändern wird, wenn ihre Eltern unselbständig werden und auch über das Danach.

Der Zeichenstil erinnert mich an die große Marie Marcks, was Sie gerne als Kompliment an die Zeichnerin verstehen dürfen.


An das Lesen von Graphic Novels muss man sich erst gewöhnen, das mag nicht jeder. Doch wer sich dieser Art des Lesens öffnen möchte, kann hier sehr gut einsteigen: ein guter Text, witzige Zeichnungen und ein Thema, das uns alle angeht!

Anrührend, liebevoll, traurig, witzig und sehr gelungen!


Elvira Hanemann

zum Produkt € 22,00*

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