Gegend

Die Ich-Erzählerin reist mit ihrem Vater in ein südeuropäisches Land. Ziel der Reise ist eine Pension in einer verlorenen Gegend, wo ihre Halbschwester lebt. Sie hat die uneheliche Tochter des Vaters noch nie gesehen. Um seine Ehe nicht zu gefährden, hatte der Vater keinen Kontakt zu Maries Mutter. In der abgeschiedenen Pension, die Maries Mutter betreibt, und in der noch Maries Halbbruder Fabian, eine Frau und ein Mann wohnen, geraten die Neuankömmlinge in ein Machtspiel, das durch ihre Ankunft aus dem Gleichgewicht zu geraten droht. Eine Vereinigung der Familienhälften scheint unmöglich, die Atmosphäre feindlich. Die Isoliertheit, in die sich Vater und Tochter auf diesem Grundstück begeben haben, wird zur Falle. Die Erzählerin fürchtet, ihren über die Grenzen des Familiären hinaus geliebten Vater an Marie zu verlieren. Die emotionale Bedrohlichkeit der Situation spiegelt sich in der bis zur Unheimlichkeit gesteigerten Wahrnehmung der Ich-Erzählerin. Am Schluß verläßt sie die Gegend, allein. Ob ihr die Ablösung vom Vater geglückt ist, bleibt offen.

Mit Nora Bossong präsentiert sich eine eindrucksvolle neue Prosastimme, die nichts von den gepflegten Selbstbespiegelungen aus neueren Prosaveröffentlichungen hat. Sie zeichnet eindringliche Porträts eines bizarren Kammerspiels, sprachlich sparsam gearbeitet, aber von einer Sogwirkung, die sich nicht nur aus dem Stoff ableiten läßt. Ein lakonischer Ton, der auf geglückte Weise im Widerspruch zur Spannung steht, die er erzeugt.
Nora Bossong lebt heute in Berlin und erhielt bereits etliche Auszeichnungen, darunter das Stipendium der Stiftung Niedersachsen, das Bremer Autorenstipendium und war 2004 in der Endrunde des Dresdner Lyrikpreises. Für Auszüge aus dem Manuskript erhielt sie 2004 das Leipziger Literaturstipendium und 2005 das Prosawerk-Stipendium der Jürgen Ponto- Stiftung. 2007 wird ein Band mit ihrer Lyrik erscheinen. Gegend ist die erste Buchveröffentlichung der 1982 geborenen Autorin.