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Ka soll für eine Istanbuler Zeitung eine merkwürdige Serie von Selbstmorden untersuchen: Junge Mädchen haben sich umgebracht, weil man sie zwang, das Kopftuch abzulegen. Eingebettet in eine raffinierte und spannende Kriminalgeschichte steht der Konflikt zwischen Verwestlichung und Islamismus -
Orhan Pamuk, 1952 in Istanbul geboren, studierte Architektur und Journalismus und lebte mehrere Jahre in New York. Für seine Romane erhielt er 1990 den "Independent Foreign Fiction Award", 1991 den "Prix de la découverte européene", 2005 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2006 den Nobelpreis für Literatur. Der in seiner Heimat umstrittene Autor ist der erste türkische Schriftsteller, der die renommierte Auszeichnung erhält. Das Nobelpreiskomittee lobte seine Vermittlerrolle zwischen Orient und Okzident. 2006 erhielt Orhan Pamuk die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin und 2007 wurde er mit der Ehrendoktorwürde der Bosporus Universität in Istanbul ausgezeichnet. Der Schriftsteller lebt in Istanbul.
Türkei im Schneekristall
Kars, eine Provinzstadt im Nordosten der Türkei, erlebt eine Selbstmordserie junger Frauen. Die gläubigen Mädchen wählten den Freitod, weil sie gezwungen wurden, das Kopftuch abzulegen. Ka, ein türkischer Dichter, der seit Jahren in Frankfurt im Exil lebt, reist nach Kars, um die Suizide im Auftrag einer türkischen Zeitung zu untersuchen. Tatsächlich aber will Ka seine Studienfreundin Ipek wieder sehen, die in Kars mit ihrem Vater und ihrer Schwester ein Hotel betreibt. Schon vor Antritt der Reise weiß er, dass er sich in Ipek verlieben wird und sie heiraten möchte.
In Kars fällt Schnee, so viel Schnee, dass die Stadt eingeschneit und zu einem Mikrokosmos ohne Ausweg wird. Im Laufe seiner Recherchen lernt Ka die unterschiedlichen Gruppen in Kars kennen: Polizeibehörden, die bespitzeln und foltern, den Journalisten Serdar Bey, der über Ereignisse berichtet, bevor sie statt gefunden haben, die "Turban-Mädchen", die sich weigern, ihr Kopftuch abzulegen, die jungen religiösen Eiferer der Predigerschule und einen angeblichen islamistischen Terroristen. In der von Hoffnungs- und Arbeitslosigkeit beherrschten Kleinstadt, stiftet der Islam den Menschen durch ein intensives Gemeinschaftsgefühl Identität und Selbstbewusstsein. Diesem Reiz erliegt auch Ka, als er, obwohl bisher überzeugter Atheist, in sich eine religiöse Sehnsucht entdeckt. Er empfindet Sympathie mit dem politischen Islam, auch wenn er dessen Ansichten nicht teilt. Seine Schreibblockade, unter der er seit Jahren leidet, löst sich und er schreibt eine Vielzahl an Gedichten, die ihm, wie von Allah geschickt, einfallen. Als ein Schauspieler während einer Theateraufführung einen Putsch anzettelt, in dem echtes Blut fließt, gerät Ka zwischen die Fronten der verschiedenen Gruppen. In der Folge wird dadurch nicht nur sein Liebesglück mit Ipek zerstört.
Im Mittelpunkt des Romans steht die Auseinandersetzung von westlich orientierten und islamistischen Gruppen und die Frage nach der Identität der Türkei. Pamuk lässt die verschiedenen politischen und religiösen Strömungen zu Wort kommen, ohne diese zu bewerten. In der Person Ka zeigt sich die Zerrissenheit der Türken: Obwohl Ka in Frankfurt einsam und unglücklich ist, will er auf die Errungenschaften des Westens nicht verzichten und stellt nie seine Rückkehr in Frage. Aber nur in der Türkei kann er sich aus seiner Einsamkeit befreien und glücklich werden. Wenn Ipek mit ihm nach Frankfurt käme, so glaubt Ka, wäre eine Verbindung der beiden Welten und Glück möglich.
Laut Buchbeschreibung des Verlags sind alle diese Themen in einer Kriminalgeschichte eingebettet. Doch selbst ein Militärputsch und eine Reihe Morde lassen keine rechte Krimi-Spannung aufkommen. Wirklich spannend ist der Einblick in die türkische Gesellschaft, den wir trotz der Medienberichterstattung um einen EU-Beitritt der Türkei bisher nicht gewinnen konnten.
© Andrea Drebringer - www.literature.de - Das Literaturportal