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Im Taipeh der 1980er-Jahre, kurz nach Aufhebung des Kriegsrechts, kämpfen Studierende einer Eliteuniversität darum, ihr Leben nach eigenen Überzeugungen entwerfen zu können. Doch wie kann so ein Leben tatsächlich aussehen? Begriffe von Freiheit, Liebe und dem Leben müssen für sie neu definiert werden. Teil dieser Gruppe von eigensinnigen Außenseitern ist Lazi, die sich in ihre ältere Kommilitonin Shui Ling verliebt und sich zunächst den Gefühlen verweigert, bis sie zur Obsession werden. Ihre Gedanken und Emotionen verarbeitet Lazi in einer Collage von Texten. Mal verfasst sie Tagebucheinträge, mal Gedichte oder Parabeln von Krokodilen, die sich mit menschlicher Kleidung verhüllen, um in der Öffentlichkeit nicht aufzufallen, und eine Vorliebe für Windbeutel und Pelze hegen.
Voller Humor und Tiefgang erzählt Lazi von den Höhen einer neuen Liebe und dem Leid, das sie durch Homophobie, Frauenfeindlichkeit und klassische Geschlechterrollen erfährt. Somit greift Aufzeichnungen eines Krokodils einer Debatte über queere Identitäten und Repräsentation vor, die fast dreißig Jahre nach dem Erscheinen des Buches aktueller ist denn je.
Qiu Miaojin, 1969 im Bezirk Chuanghua im Westen Taiwans geboren, war eine der innovativsten literarischen Stimmen und die bekannteste lesbische Schriftstellerin des Landes. Sie schloss ein Psychologiestudium an der Nationalen Universität Taiwan ab und absolvierte ein Studium der klinischen Psychologie an der Universität Paris VIII. Ihre erste veröffentlichte Geschichte, 'Prisoner', wurde mit dem Central Daily News Short Story Prize ausgezeichnet, und ihre Novelle 'Lonely Crowds' erhielt den United Literature Association Award. Während ihres Aufenthalts in Paris führte sie Regie bei einem dreißigminütigen Film mit dem Titel Ghost Carnival und nahm sich kurz darauf, im Alter von sechsundzwanzig Jahren, das Leben. Die posthumen Veröffentlichungen ihrer Romane machten sie zu einer der am meisten verehrten Ikonen der chinesischen Gegenkultur. Nach ihrem Tod 1995 wurde sie mit dem Ehrenpreis der China Times für Literatur ausgezeichnet. Martina Hasse studierte Sinologie, Kunstgeschichte und Ostasiatische Kunstgeschichte in Hamburg und Taiwan, wo sie auch einige Zeit lebte. Neben Lyrik und klassischem Chinesisch übersetzt sie besonders zeitgenössische chinesische Autoren wie Li Ang oder Lung Ying-tai. Zuletzt erschien von ihr 'Wie das Blatt sich wendet' des Literaturnobelpreisträgers Mo Yan und 'Aufzeichnungen eines Krokodils' von Qiu Miaojin.