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Die Idee, dass Moral eine bestimmte Form hat, ist eine alte Idee. Die Mächtigkeit dieser Idee zeigt sich unter anderem darin, dass auch Autoren sich auf diese Idee beschränkt haben, deren Werk man unter anderem dazu verwenden kann, dass man mit Verweis auf dieses Werk definiert, was Ethik ist. Das hat diesen Autoren den Vorwurf des Formalismus eingebracht: sie würden nur die Form der Moral bestimmen, aber gar nicht sagen, was wir nun tun und lassen sollen. Am Beispiel von Shakespeares Stück vom König Lear soll hier gezeigt werden, dass die Form der Moral nichts Unveränderliches ist. Die Form wandelt sich, und mit ihr der Inhalt, weil es Inhalt nur in dieser oder jener Form gibt und weil die Form dem Inhalt wesentlich ist. Damit fällt der Vorwurf des Formalismus nicht weg, sondern in sich zusammen.
Prof. Dr. Richard Raatzsch lehrt Philosophie an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht Wiesbaden.