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Im Sommer 1800 beginnt in Paris ein Experiment, das in der Pädagogik virulent geblieben ist: Die Erziehung des Wilden von Aveyron. Der junge Medizinphilosoph Jean Itard hat sich vier Jahre lang mit dem Jungen befasst, ihn behandelt und Rechenschaftsberichte verfasst. Diese werden hier untersucht und in ihrem ursprünglichen Kontext analysiert. Die wilden Kinder der vorangegangenen Epochen hatte man getauft und bestaunt. Nun wird erstmalig im Zuge der sich konstituierenden modernen Humanwissenschaften die Behandlung eines wilden Kindes unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten vorgenommen. Die philosophischen Grundlagen des Sensualismus Condillacs werden auf ihre Ergiebigkeit für Itard überprüft, der wissenschaftsgeschichtliche Kontext - die Schule der Ideologen - wird beleuchtet und die historische Plausibilität des Experiments wird im Kontext des sich entwickelnden napoleonischen Staates erfragt.
Die Autorin: Birgitt Werner, Jahrgang 1958, Studium der Theologie, Geographie und Pädagogik in Münster und Oldenburg. Zeitweilig Lehrbeauftragte und Wissenschaftliche Mitarbeiterin, derzeit in der Erwachsenenbildung tätig.
Aus dem Inhalt : Das naturphilosophische Interesse am Wilden von Aveyron - Die epistemologischen Quellen des Experiments - Die große Kette der Wesen als ordnendes Prinzip - Der wissenschafts- und bildungspolitische Zusammenhang - Das moderne Interesse des napoleonischen Regimes.