Installieren Sie die genialokal App auf Ihrem Startbildschirm für einen schnellen Zugriff und eine komfortable Nutzung.
Tippen Sie einfach auf Teilen:
Und dann auf "Zum Home-Bildschirm [+]".
Bei genialokal.de kaufen Sie online bei Ihrer lokalen, inhabergeführten Buchhandlung!
Nachwort von Ralf-Rainer Rygulla:
Wenn die Sehnsucht nach dem Ganzen unerträglich wird, findet man dann Trost in Teilen, in Ausschnitten, in Stücken, Fetzen - in Körperteilen, kurz sichtbar durch ein Schlaglicht im Dark Room?
Es sind noch nicht alle Geschichten erzählt worden.
Jörg Simons Figuren bewegen sich in fiktionalen Räumen einer biedermeierlichen Vergangenheit, einer "galoppierenden Realität", bis hin zur karikaturhaften Science Fiction. Sie agieren in realen und herbei-fantasierten Kriegen, in Kneipen mit Teppichboden, in gottlosen Gottes-häusern. In den dunklen Ecken von Liebe, Sexualität, Gewalt und Tod verfolgen sie zwanghaft den Tabubruch - zur Selbstversicherung und als Life Style zugleich.
Wenn man einmal das Gebiet der Sprache betreten hat, dann wird auch Rülpsen zu einem semantischen Signal - eines mit dem Pathos der Ausgestoßenen. Es erzählt von Herrschaftsanspruch und sozialer Abwertung, von körperlicher Dominanz und unterlegenem Intellekt, von Top und Bottom.
Die Erzählungen, Schnappschüsse und Momentaufnahmen entziehen sich den literarischen Gattungsnormen, sowie auch ihr Personal nicht zögert, Grenzen zu überschreiten, zu makabren Fetischfantasien und schmerzhaften Obsessionen, zu zwanghafter Wollust. Leidet es darunter? "Finden sie mich eigentlich attraktiv fragt der Tod".
Hilfloses Begehren trifft auf Gewalt, Empathie auf obszöne Brutalität, hin und wieder gemildert und Abstand haltend durch ein altertümelnd-bürgerliches oder gar ein scheinreligiöses Sprechen, äh ... nein, hier eher verschärft mittels eines quasi-religiösen Jargons. Monstrositäten verlangen eine Sprache, die sie aushält.
Der Autor und bildende Künstler Jörg Simon zwingt den Leser zur Reise über die "Psychosenautobahn nach Neurosenheim". Staunen und ein kitzelndes Unbehagen begleitet die Lektüre und die ästhetischen Zumutungen, können Lust, Ekel und Gelächter gleichzeitig auslösen. High Risk Writing.
Jörg Simon, Jahrgang 1960, studierte in den 80er Jahren visuelle Kommunikation mit Schwerpunkt Film an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Er konnte mehrere Stipendien für sich entscheiden, und seit den 80er Jahren stellt er in Einzel- und Gruppenausstellungen aus. Als aktiver Teil und Kenner der Frankfurter Kunstszene ist Simon ein gefragter Gestalter von Ausstellungen. Von 2002 bis 2015 kuratierte er die Galerie des Frankfurter Gallus Zentrums und gab der Kunstszene Frankfurts in dieser Zeit wichtige Impulse. Seit dem Jahr 2018 - nach Ausflügen in die elektronische Musik (mit Jesse Farber und Boris Polonski) hat er sich hauptsächlich dem Schreiben zugewandt.