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Drei Meter Luftlinie zwischen einem Balkon und einem gegenüberliegenden Fenster in einer schmalen florentinischen Gasse erzeugten einst ein schicksalhaftes Band zwischen dem Maler Giorgio und seinem kindlichen Schüler und Nachbarn Anselm. Geprägt von Giorgios Wesen und selbst Maler geworden, kehrt Anselm drei Dekaden später zurück nach Florenz, den Ort seiner Anfänge, und schließt damit einen längst begonnenen Kreis. Auslöser für diesen äußeren Aufbruch aus Rom ist Anselms innerer Abbruch mit seinem bisherigen Leben und vor allem mit der verloren geglaubten Malerei. Anselms Reise am tiefsten Punkt seines Schaffens führt ihn zuerst nach Sizilien zu seinem Freund Umberto, in dessen Haus er etwas Ruhe zu finden hofft, doch stattdessen den quirligen Malerkollegen Henry und das rätselhafte Bildnis einer Frau aus der Renaissance über Umbertos Bett entdeckt. Giorgio Vasaris Zeichnung einer gewissen Genoveva provoziert durch seine der Renaissancezeit nicht so ganz gemäßen Technik Anselms malerisches Urteil. Die Behauptung Umbertos, diese Genoveva scheine historisch nirgends auf, so müsse sie Vasaris Fantasie entsprungen sein, überreizt Anselms malerisches Wissen, welches davon überzeugt ist, dass diese Zeichnung der Betrachtung und nicht der inneren Vorstellung entspringt. Anselms Resignation wandelt sich in Leidenschaft und Neugierde. Wie konnte Giorgio Vasari in einer der Renaissance etwas zu fortgeschrittenen Technik eine Frau gezeichnet haben, von der es historisch kein Zeugnis gibt? Dieser zweifache Widerspruch nimmt einen schicksalhaften Besitz von Anselms Gemüt und führt ihn zurück in seine Geburtsstadt Florenz, wo er nur mit seinem Skizzenbuch gewappnet, ein Geschenk von Giorgio, des Rätsels Lösung zu finden hofft. Des Rätsels Pfad, gepflastert mit tiefgehenden Begegnungen und Erlebnissen, bringt Anselm zum Ursprung seiner Malerei zurück, wobei er ihn in Welten hineintaucht, wo Wörter und Linien verschmelzen. Welten, die man getrost als Geburtsstätte aller Motive bezeichnen kann.
ZITAT ÜBER DIE MALEREILudwig Drahosch: "Die wahren Maler sehen die Welt anders. Sie sehen sie nicht bloß in Bildern, die sich ihren passiven Sinnen aufprägen, nein, sie durchdringen und wandern aktiv mit ihrem Geist in das Geschaute hinein und suchen darin und dahinter nach den Urmotiven, aus denen die sinnlichen Wirklichkeiten entstehen. Und dann versuchen sie nicht, diese bloß wiederzugeben, sie versuchen, sie zu bejahen, sie sagen, schau, Bild, ich habe dich gesehen und erkannt, ich zeige dir, wie schön du bist, beruhige dich, vertraue mir ...-! Die Maler versöhnen in ihren Bildern die Welt mit sich selbst."
Ludwig Drahosch (1969-2023), geboren in Wien, hatte bereits im Alter von zehn Jahren über zweihundert anatomische Zeichnungen angefertigt.Zwischen seinem vierzehnten und zwanzigsten Lebensjahr kopierte er im Kunsthistorischen Museum in Wien alte Meister und eignete sich die Techniken der italienischen, holländischen und deutschen Renaissance sowie die des darauffolgenden Barocks an. Im Rahmen seines Studiums an der Akademie der bildenden Künste Wien lernte er unter anderem bei Arik Brauer und Hundertwasser die Moderne kennen. 1997 erhielt er die Goldene Füger-Medaille.Daneben studierte und befasste er sich intensiv mit Philosophie, um zu ergründen, woher viele für ihn nicht nachvollziehbare Auffassungen der Postmoderne rührten. Nach zwanzig Jahren Ausstellungstätigkeit (vor allem in Los Angeles) übernahm er mit seiner Partnerin, der Schauspielerin und Regisseurin Nina C Gabriel, die Leitung des Ateliertheaters (2013-2016) in Wien. Sie inspirierte ihn auch zur Figur der Genoveva in "Simonettas Schatten I und II".Bis zum Schluss drehte Drahosch Filme und hielt Vorträge wie "Die Gegenwart aus der Sicht der Renaissance".
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