Lesenswert
Im Jahr 1970 werden zwei Brüder geboren. Sie haben denselben Vater, doch zwei ganz unterschiedliche Lebenswege! Gabriel und Mick wachsen in Leipzig und in Ostberlin auf. Sie wissen nichts voneinander und über ihren Vater, einen Student aus dem Senegal, nur Bruchstücke. Jahre später treffen wir die beiden wieder. Sie erzählen uns, wie ihre Jugend im Osten verlief und auch über die Nachwendezeit. Mick, der Lebemann und Tagträumer, Plattenverkäufer und Clubteilhaber. Fest verankert in der neuen Elektroszene der Metropole und doch ruderlos. Und Gabriel, der zunächst das totale Gegenteil seines Bruders zu sein scheint. Ein super zielstrebiger Architekt, der mittlerweile in London lebt, im richtigen Stadtviertel und perfekten Haus, mit Frau und Sohn. Und doch merkt man, dass es irgendwie hinter der Fassade bröckelt.
Ein wirklich faszinierender deutscher Gegenwartsroman, der viele Themen aufwirft, die es so nur in unserem Land geben kann.
zum Produkt € 14,00*
Kreatives Sachbuch
Eine Forscherin, viele Oktopoden und komplexe Wahrnehmungsfähigkeiten: „Tintenfische sind sich
ihrer Verletzlichkeit wohl bewusst und treffen alle Vorkehrungen, um sich zu schützen.“
Die Naturforscherin Sy Montgomery nimmt uns mit in die Tiefgründigkeit der Meeresbewohner Oktopoden. Dank Montgomerys wunderbar einfühlsam kreativer Schreibweise können wir direkt in ihre Begegnungen mit Athena, Kali und Octavia einsteigen. Gemein ist diesen Oktopoden, dass sie in Kontakt mit Menschen leben. Von Montgomerys Frage nach dem Gefühl, ein Oktopus zu sein über die Idee Schmerzen zu schmecken und Gestaltveränderung als Lebensthema dürfen wir die faszinierenden Lebewesen des Meeres erforschen lernen.
Rendezvous mit einem Oktopus ist eine Einladung, die menschliche Intelligenz differenzierter zu verorten und uns an die Beziehung zwischen allem Leben auf dieser Welt zu erinnern. Ich glaube, dass kreative Sachbücher wie dieses uns für die Zerbrechlichkeit des Ökosystems Erde sowie unsere Handlungsfähigkeit öffnen. Übrigens, übersetze ich den englischen Titel direkt ins Deutsche, lande ich bei „Die Seele des Oktopus“: Volltreffer für eine Kurzbeschreibung.
Aktuell lese ich von der Autorin: The Hummingbird’s Gift (2021), bis jetzt noch nicht auf Deutsch im Handel.
Empfehlung von Jana van Wahden
zum Produkt € 15,00*
Was ist ein Leben ohne Erinnerung?
Die Erzählerin entführt uns auf eine kleine Insel. Die Welt der dort lebenden Menschen gerät aus den Fugen. Immer wieder verschwinden Gegenstände und damit werden auch die Erinnerungen der Menschen an diese Dinge gelöscht. Plötzlich existieren nur noch die Begrifflichkeiten, fern jeglicher Emotion und ohne jede Erinnerung daran, wozu diese Gegenstände gebraucht wurden.
Die junge Frau ist selbst Schriftstellerin und Tochter einer „Hüterin der Erinnerung“. Sie erinnert sich an eine Schublade, die ihre Mutter oftmals geöffnet und ihr Geschichten zu den Gegenständen erzählt hat, die sich in der Schublade befanden.
Je mehr Gegenstände verschwinden, umso unruhiger werden die Zeiten. Als eines Tages dann die „Erinnerungspolizei“ nach Menschen sucht, die Erinnerungen hüten, wächst das beklemmende Gefühl, denn jede Erinnerung hat auch etwas mit Identität und Freiheit der Menschen zu tun. All das wird Ihnen genommen. Nicht nur Erinnerungen verschwinden, sondern auch Menschen, die von der Erinnerungspolizei aufgespürt und mitgenommen wurden.
Wir nehmen Teil am Leben der jungen Frau, Ihres Freundes, des „alten Mannes“ und ihres Lektors in einer unruhigen Zeit. Angst vor dem, was passiert, nicht wissen, wem man vertrauen kann, und Fassungslosigkeit machen sich breit. Als die junge Frau entdeckt, dass auch ihr Lektor ein „Hüter der Erinnerung“ ist, beschließt sie ihn in ihrem Haus zu verstecken. Gemeinsam mit „dem alten Mann“ baut sie ein Versteck unter ihrem Haus, in das der Lektor einziehen kann, geschützt vor der Erinnerungspolizei, aber getrennt von seiner Familie.
Ein dystopischer Roman, der Bilder im Kopf entstehen lässt, die so real sind, dass es mich beim Lesen manchmal geschaudert hat.
zum Produkt € 22,00*
Klasse! Begeistert schlage ich das Buch zu – schade, dass das Lesevergnügen nach gut 500 Seiten schon vorbei ist!
In diesem in Schweden spielenden Krimi tritt ein Ermittler auf, der einen interessanten Hintergrund mit sich bringt. John Adderley ist eigentlich ein FBI-Beamter in Amerika, muss aber nach einem missglückten Einsatz in ein Zeugenschutzprogramm wechseln und wünscht sich, nach Schweden gehen zu können. In dieser neuen Existenz als Polizist in Karlstadt will er seinem Halbbruder Billy zu Hilfe kommen, den er seit rund 20 Jahren nicht mehr gesehen hat, der aber als Mordverdächtiger in einem alten Cold-Case verdächtigt wird. John sorgt sich, dass der Fall nicht unvoreingenommen geprüft wird, weil sein Halbbruder sich als Täter durchaus anbietet, aber er möchte für faire Bedingungen sorgen. Dies muss allerdings so geschehen, dass seine Verbindung zu Billy nicht bekannt wird und er im Rahmen des Zeugenschutzprogramms nicht auffliegt.
Das Ganze ist zu einem sehr spannenden Kriminalfall geworden, der Plot ist intelligent, gut nachvollziehbar, ohne Längen und vor allem – recht ungewöhnlich bei skandinavischen Krimis – eher unblutig. Der Sprachstil ist flüssig und die Charaktere sind gut gezeichnet.
Am Ende gibt’s nach der Auflösung einen klitzekleinen Cliffhanger, so dass man hoffen kann, dass es eine Fortsetzung gibt. Da freue ich mich schon drauf.
Empfehlung von Gertraud Liebig
zum Produkt € 12,00*
„In Afghanistan war Carl Overbeck der beste Scharfschütze seiner Einheit, doch zurück in Deutschland kommt er mit seinem Leben nicht mehr zurecht. Da macht ihm ein alter Jugendfreund ein besonderes Angebot: Er soll in Italien einen Mafioso erschießen, der sich der Polizei als Kronzeuge angedient hat. Carl übernimmt den Job und wird damit zum Auftragskiller, der still und heimlich seine Aufträge versieht. Bis er sich in die falsche Frau verliebt.“
Soweit der Klappentext. Ein traumatisierter Kriegsveteran als Hauptfigur eines Mafia-Thrillers? Dazu noch der Debütroman eines Musikers, den ich dunkel aus den 1980er-Jahren in Erinnerung habe? Nichts, was mich angesprochen hätte. Dann war Kai Havaii im Januar 2020 hier in Wermelskirchen zu Gast, las aus seinem Roman und redete über die Hintergründe, und ich wurde doch neugierig. Zum Glück, denn „Rubicon“ ist ein erstklassiger Thriller, der höchste Spannung mit einer außergewöhnlichen Ruhe und Tiefe beim Erzählen verbindet. Kai Havaii gibt seinen Figuren Zeit, sich zu entfalten und zeichnet ein detailliertes Bild der Lebenswelten seines tragischen Helden – angefangen mit dem Kriegseinsatz in Afghanistan über den Familienalltag, in den er sich nicht mehr einfinden kann, seine Versuche, beruflich und privat wieder Fuß zu fassen, sein Doppelleben im Dunstkreis der Mafia bis zu… nun, es lohnt sich, das selbst zu lesen. Weit über 500 Seiten schafft Kai Havaii es, Spannung aufzubauen und zu halten. Dazu entsteht das bedrohliche Bild einer Parallelwelt, die von der kalabrischen Mafia, der Ndrangheta, beherrscht wird, ohne dass rechtsstaatliche Institutionen dem etwas entgegenzusetzen haben.
zum Produkt € 11,00*
Skandinavisch, aber etwas anders. „Das Netz“ ist der Auftakt zu einer Trilogie, die in die Abgründe Islands führt, einmal nicht an der Seite eines Ermittlungsteams, sondern gemeinsam mit recht sympathischen Kriminellen.
Sonja braucht Geld, viel Geld, und das möglichst schnell, und so verdingt sie sich als Drogenkurierin. Bei ihrer Scheidung hat sie alles verloren, auch das Sorgerecht für ihren kleinen Sohn. Sie muss ihre finanziellen Verhältnisse ordnen, damit Tomas wieder bei ihr leben kann. Ihre Geliebte Agla dagegen hat Geld im Überfluss, Geld, das ihr eigentlich nicht zusteht. Als eine der Schlüsselfiguren des isländischen Finanzskandals steht sie im Fokus der Ermittlungen – dies bereitet ihr allerdings weniger Kopfzerbrechen als ihre verwirrenden Gefühle für Sonja.
Dies ist die Ausgangssituation eines rasanten Dreiteilers, in dem die Verstrickungen der beiden in die internationalen Netzwerke von Drogenhandel und Wirtschaftskriminalität eine verhängnisvolle Eigendynamik entwickeln.
Mich hat „Das Netz“ von der ersten Seite an gefesselt, denn die Figuren in Lilja Sigurdardottirs Thriller sind nicht einfach Kriminelle, sondern in erster Linie Menschen. Menschen mit Träumen, Ängsten und Leidenschaften, deren Handeln stets plausibel erscheint. Dabei kommt bei aller Psychologie die Spannung nicht zu kurz. Die Story steckt voller unvorhersehbarer Wendungen, die ersten beiden Teile enden jeweils mit einem Cliffhanger, der mich die Folgebände „Die Schlinge“ und „Der Käfig“ ungeduldig erwarten ließ. Zum Glück sind endlich alle drei Teile erschienen, so dass ich die Trilogie jetzt guten Gewissens empfehlen kann.
zum Produkt € 11,00*
Kreatives Sachbuch für Kinder
Für Erwachsene:
Vielfältige Körperdarstellungen, klare Botschaften und kreative Anregungen zu Self-Care: „Dein Körper ist wirklich unglaublich und wenn du genau hinhörst, spricht er sogar mit dir.“
Der sanft ermutigende und klare Text von Jessica Sanders öffnet zusammen mit den fein gepinselten Illustrationen von Carol Rossetti Raum für das, was viele unterschwellig fühlen und doch nicht immer ganz greifen können. Gerade im Gespräch mit Kindern kann das schwierig sein: Körper sind und werden in einem Netz aus äußeren Ansprüchen hergestellt, die sich ganz schnell in unsere Köpfe einschleichen. Wir können unsere liebevolle Selbstwahrnehmung zurückholen, stärken und zur Unterstützung anderer einsetzen!
Haben Sie noch Platz im Regal der Schulbibliothek? Suchen Sie nach einem Mitbringsel, das die Kraft der Selbstreflexion erweckt oder unterstützt? Dieses Buch ist ein Geschenk für die Welt. Die Autorin richtet es an Mädchen und alle, die sich als weiblich identifizieren. Ich lese es auch als Einladung für alle Menschen, die die negativen Auswirkungen von unrealistischen Schönheitsidealen kindgerecht durchbrechen helfen wollen.
Empfehlung von Jana van Wahden
zum Produkt € 24,90*
Autorin: Helene Sommerfeld ist das Pseudonym eines in Berlin lebenden Autoren-Ehepaars. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit: Zahlreiche Bestseller in den Kategorien Romane sowie Sachbücher. Ihre Begeisterung für Medizin und ihr Interesse an historischen Persönlichkeiten, verbunden mit der Leidenschaft, fremde Länder zu bereisen, bilden die Konzepte ihrer Erfolgsbücher.
Der Roman: Der Auftakt der neuen Trilogie spielt im Berlin der 1920er Jahre. Wir lernen die Darstellerinnen kennen: die verwitwete Polizeiärztin Magda Fuchs, die in Berlin einen Neuanfang startet. Die jüdische Anwältin Ruth Jessen, die ein Frauennetzwerk gebildet hat. Die Fürsorgerin Ina Dietrich, selbst aus einer Arbeiterfamilie stammend, mit guten Beziehungen ,,ins Milieu". Celia von Liebentreu, aus gutem Hause auf der Suche nach sich selbst und der Erfüllung ihres Lebenstraums. Doris Kaufmann mit dem Traum eine Berühmtheit zu werden. Und Erika Hausner, eine Polizeireporterin, die sich in der Männerdomäne behauptet.
Fazit: Die Handlung ist kurzweilig, aber mit Tiefgang und glaubwürdigen Protagonisten. Wir erleben hinter den Geschichten der Darsteller Einblicke in die unterschiedlichen sozialen Schichten des Nachkriegs-Deutschlands. Auch wenn man glaubt, sich in der deutschen Geschichte auszukennen, so wird man doch überrascht. Wer weiß denn z.B, dass Kinderhandel weit verbreitet war? Die einzelnen Geschichten der Darsteller werden zu einer komplexen Einheit gebracht, die diesen facettenreichen Roman lesenswert macht.
Wer die Trilogie ,,Die Ärztin" gelesen hat (die 1919 endet), wird die geschichtliche Fortsetzung und ,,Die Polizeiärztin" lieben.
Empfehlung von Ilona Fey
zum Produkt € 11,95*
»Mit nur sechs Jahren versteht Zach mehr von Herz und Seele als die Erwachsenen um ihn herum.« The Washington Post
PLOP PLOP PLOP und Schreie. Als Leserin mitten in einem Amoklauf an der McKinkley-Grundschule. Da musste ich erst einmal durchatmen und überlegen, ob ich dieses Buch jetzt lesen möchte. Ich habe es gewagt, mich dieser Geschichte zu stellen. Nicht in einem Rutsch. Das muss ich zugeben und mit vielen Tränen, die ich plötzlich nicht mehr aufhalten konnte. In diesem Debutroman begleiten wir den sechsjährigen Zach von dem Moment an, in dem er mit seiner Lehrerin und seinen MitschülerInnen im Wandschrank des Klassenzimmers versteckt auf Rettung hofft. Bis dahin hört er noch viele PLOPs, die Schüsse, die durch den Flur hallen. Froh selbst in Sicherheit zu sein, denk er erst gar nicht an seinem Bruder und muss später schmerzlich erfahren, dass Andy eines der Opfer war. Kaum auszuhalten, welche Innensicht wir in die Seele und Gedanken eines kleinen Jungen bekommen, seine Not spüren und lesen, dass seine Familie unter dem Schmerz des Verlustes zu zerbrechen droht. Zach hat Schuldgefühle ist wütend und traurig zugleich und versucht seine Gefühle in einem geheimen Versteck zu sortieren, indem er ihnen Farben gibt und immer unterbewusst an dem arbeitet, was oben auf liegt. Die Eltern sind wie gelähmt, die Mutter verfällt in einen Racheaktionismus, dem auch der Vater nicht gewachsen ist.
Keine leichte Lektüre aber in jedem Fall eine Empfehlung von mir. Jetzt auch als Taschenbuch.
zum Produkt € 10,95*
Die junge Altphilologin Andrea Marcolongo erzählt die Argonautensage neu. Ihre Liebe zur altgriechischen Sprache und Kultur und ihre Überzeugung, dass die antiken Mythen uns auch heute etwas zu sagen haben, prägen dieses Buch. Entlang der großen, alten Geschichte von Jason und seinen Begleitern, vom Heldenmut und dem Aufbruch ins Ungewisse, wirft sie einen Blick auf unsere Zeit. Mit der Distanz von Jahrtausenden, freundlich und zugleich unerbittlich, mit feinem Humor und großer Menschenliebe stellt sie in Frage, mit welchen Zielen wir uns zufrieden geben und was heute als Mut gilt.
Es entsteht eine faszinierende Wundertüte von einem Buch: Ein antiker Mythos, kenntnisreich dargestellt, ein philosophischer Essay über unseren Stand im Leben, ein Wegweiser, der uns ermuntert, unsere Ziele zu hinterfragen und neue Wagnisse einzugehen.
Dieses Buch stand ganz und gar nicht auf meiner Wunschliste, aber es hat sich mir so hartnäckig aufgedrängt, dass ich irgendwann nachgegeben habe. Zum Glück! Es liest sich nicht eben nebenbei, braucht Zeit und wirft nicht nur gefällige Fragen auf, aber mich hat die Lektüre bereichert und berührt. Gedanken aus diesem Buch blitzen immer wieder in meinem Alltag auf und zeigen scheinbar Selbstverständliches in einem anderen Licht. Was kann ein Buch mehr bewirken?
zum Produkt € 22,00*