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Am Sonntag bin ich viele Seiten tief im „Verzeichnis einiger Verluste“ von Judith Schalansky versunken.
Obwohl ich mich immer wieder für die Gleichwertigkeit digitalen Lesens einsetze, gibt es sie, diese besonderen Bücher, deren außergewöhnlich guter Text absolut untrennbar mit ihrer eindrucksvollen Gestaltung verbunden ist.
Und ich bin froh und dankbar, diese Bücher nicht nur digital zu lesen, sondern sie beim Erlesen auch erspüren zu können.
Bücher, deren innerer Gehalt nach einem papiernen (Gegen-)Gewicht in meinen Händen verlangt.
Deren exzellenter Druck auf gutem Papier eine Symbiose mit ihrer Fadenheftung eingeht. Bücher, die ich mir frontal ins Regal stellen und immer wieder ansehen will.
Wer erfahren möchte, welche Macht gute Sprache hat, der begebe sich vertrauensvoll in Judith Schalanskys literarischen Kosmos.
So viel Präzision. So viel Genaues, Besonderes, Überraschendes.
Ich lese dieses Buch und bin knallverliebt in Grammatik.
In ihren Stil, ihre Wortwahl, ihr Sprachgefühl.
Und dabei habe ich noch nicht einmal die schwarz auf schwarz gedruckten Illustrationen erwähnt, die die zwölf Erzählungen über Flüchtiges und Verlorenes eröffnen und sich nur je nach Lichteinfall preisgeben wollen, oft auch auf falsche Fährten führen, ähnlich viel Aufmerksamkeit und Einlassen erfordern, wie Schalanskys oft recht anspruchsvolle Gedankengänge.
Wenn dieses Buch noch ein Lesebändchen hätte (oder gar zwei) wäre mein Glück vollkommen. Aber auch so ist es wunderbarerweise ein regelrechtes Sonntagsbuch, das ein Vorwort UND eine Vorbemerkung der Autorin hat (und beides benötigt und verdient).
Ein wunderbares Langsamlesebuch!
zum Produkt € 24,00*
Große Freude, Hinrich Schmidt-Henkel hat ein neues Buch von Tomas Espedal übersetzt! In „Bergeners“ folgen wir dem besten norwegischen Autor der Gegenwart in seine Heimatstadt Bergen, spazieren mit ihm durch die (meist regengrauen) Straßen und besuchen Freunde oder die Orte seiner Kindheit. Die Stadt mit dem Seeklima ist jedoch nur der Ausgangspunkt für eine Erinnerungsbewegung, die den Erzähler auch weit in die Welt schickt, nach New York zu einem Literaturfestival, nach Luxemburg in einem Mietwagen oder in eine paradiesische Schreibhölle in der italienischen Provinz. Espedals assoziativ-mäanderndes Erzählen, dessen Zentrum immer er selbst ist, erkundet mit der äußeren Welt immer auch seine innere Welt. Sein Schreiben ist ein Ausleuchten der Dunkelheit, als die er seine Existenz wahrnimmt. Immer wieder stürzt er in seelische Abgründe, durch Schreibblockaden, durch den Tod seiner Frau oder den Auszug der Tochter. Durch die Offenheit seiner Selbstspiegelung und seine glasklare, hochemotionale Sprache erzeugt er dabei eine Nähe, ein Eingeweiht-sein und ein Vertrauen, wie es sonst vielleicht nur im nächtlichen Gespräch mit alten, guten Freunden entsteht.
„Bergeners“ eignet sich nicht als Einstieg in den Kosmos des Norwegers, dafür ist „Gehen oder die Kunst ein wildes und poetisches Leben zu führen“ immer noch die beste Wahl. Für alle, die schon einige Nächte mit Espedals wundervoller Prosa verbracht haben, wird sich der Weg nach Bergen allerdings sehr lohnen.
zum Produkt € 24,00*
Ada steht von Geburt an mit einem Fuß auf der anderen Seite. Sie ist ein sprunghaftes, schwieriges Kind, das seinen Körper mit mehreren anderen Entitäten teilt. Als Ada heranwächst und Nigeria verlässt, um in den USA aufs College zu gehen, rücken ihre verschiedenen Ichs immer stärker in den Vordergrund und übernehmen vermehrt die Kontrolle über Adas Körper und Leben ...
Dieser autobiografische Roman von Akwaeke Emezi, Autor_in nigerianischer und tamilischer Herkunft, ist anders als alles, was ich bisher gelesen habe. Er betrachtet Fragen der Identität und der psychischen Gesundheit aus dem Blickwinkel von Igbo-Spiritualität statt aus der Sichtweise westlicher Psychologie, und das in einer Sprache, die so poetisch und kraftvoll ist, dass ich ständig das Bedürfnis hatte, allen Leuten um mich herum lange Passagen daraus laut vorzulesen. Dieses Buch hat mich umgehauen!
zum Produkt € 24,00*
Was für ein wunderbar leichtfüßiger, spritzig geschriebener, sprachlich brillanter und kluger Roman!
Verena Rossbacher erzählt die Geschichte des Dieners Christian und seiner Anstellung bei der wohlhabenden Zürcher Anwaltsfamilie Hobbs.
Dass das Dienstverhältnis beendet ist, legt schon der Titel nahe.
Auch, dass ein großes Unglück damit in Verbindung steht wird schnell klar, schließlich berichtet Christian bereits auf der ersten Seite vom Fund eines in seinem Blute liegenden Familienmitglieds des Hobbs'schen Haushalts.
Aber was genau vorgefallen ist, wie genau Christian möglicherweise darin verwickelt ist, das verbirgt die Autorin geschickt auf den folgenden 350 Seiten. Stattdessen nimmt sie uns Leser*innen in federleichten und trotzdem wunderbar komplex konstruierten Sätzen mit auf einige (vermeintliche) Umwege, die allerdings am Ende nicht nur für das Erfassen der Zusammenhänge wesentlich sind, sondern vor allem eine rauschende Feier des feinen Humors, der messerscharfen Beobachtungsgabe und der begnadeten Sprachkunst sind.
Zudem hat Verena Rossbacher mit den ersten beiden Sätzen hier beste Chancen auf meinen persönlichen Lieblingsromananfang:
»Es war ein schlampiger Tag. Dies ist eine einfache Geschichte.«
zum Produkt € 24,00*
Ein Ornithologe entdeckt auf einer Forschungsreise einen eigenartigen, ihm bisher völlig unbekannten großen Vogel, der von der einheimischen Bevölkerung als Gott verehrt wird. Jahrzehnte später geraten seine drei inzwischen erwachsenen Kinder auf jeweils ganz unterschiedliche Weise in den Sog dieses schwer durchschaubaren Vogelmythos: Der jüngste Sohn, Thedor, reist mit einer zwielichtigen Hilfsorganisation in das Land der Aza, wo der Vogelgott einst erstmalig verehrt wurde – und verbringt nach seiner Rückkehr sein Leben im Krankenzimmer einer psychiatrischen Einrichtung. Dora, die an ihrer kunsthistorischen Dissertation arbeitet, entdeckt auf einem alten Gemälde Hinweise darauf, dass der Kult um den geheimnisvollen Vogelgott zu Zeiten des dreißigjährigen Krieges auch hierzulande seine Anhänger hatte. Und Lorenz, der gescheiterte Journalist, kommt einer pharmazeutischen Verschwörung auf die Spur, der vor allem Kinder zum Opfer zu fallen scheinen...
Susanne Röckels beklemmender Roman liest sich bisweilen wie ein Fiebertraum, entwickelt aber schnell einen unglaublichen Sog, der seine Leser*innen atemlos, fasziniert und zugleich verstört zurücklässt. Ein literarisch anspruchsvoller Horrorroman erster Güte, der meiner Meinung nach vollkommen zu Recht auf der diesjährigen Longlist zum Deutschen Buchpreis steht.
zum Produkt € 22,00*
Eines hat Yejide ihrem Mann Akin schon zu Beginn ihrer Beziehung klargemacht: für die nigerianische Tradition der Vielehe ist sie nicht zu haben. Doch als Jahr für Jahr vergeht und trotz aller ärztlichen Untersuchungen, Gebete und mystischen Rituale einfach kein Nachwuchs in Sicht ist, nimmt die Schwiegermutter das Heft in die Hand – und plötzlich sitzt die junge Funmi in Akins und Yejides Wohnzimmer. Yejide sieht nur einen Weg, um ihre Ehe zu retten: sie muss schwanger werden, um jeden Preis ...
Ayọ̀bámi Adébáyọ̀ hat ein sehr poetisches und zugleich unglaublich trauriges Buch darüber geschrieben, wie starre Geschlechterrollen, gesellschaftlicher Druck und männlicher Stolz Leben zerstören können. Ich war beim Lesen abwechselnd wütend, sprachlos vor Erstaunen und den Tränen nahe. Ein ganz starkes Debüt!
zum Produkt € 14,00*
Eines meiner großen Lebensbücher ist Fernando Pessoas „Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares“. Dieses Buch muss immer in meiner Nähe sein, ich brauche es, wenn mein Empfinden der Welt gegenüber wie ein Instrument verstimmt ist. Nur wenige Sätze Pessoa lassen mich die Schönheit wieder sehen und Ruhe finden im Chaos der Welt. Dafür braucht es keine Handlung, es genügt die Introspektion der Hauptfigur. Bernardo Soares betrachtet sich in einer Sprache, die so klar, so poetisch, so durchdrungen von Licht und Dunkelheit zu gleich ist, wie ich bisher keine andere gelesen habe. Bis jetzt. Auch wenn Georgij Iwanows „Zerfall des Atoms“ im Umfang nicht mal annähernd an „Das Buch der Unruhe“ heranreicht, so zeigen sich doch deutliche Parallelen. In diesem fiktiven Abschiedsbrief eines Selbstmörders spricht auch ein Aus-der-Welt-Gefallener. Auch hier möchte ich jeden zweiten Satz unterstreichen. Auch hier offenbart sich die radikale Hinwendung zum Wesen der Dinge in einer Sprache, die alles um einen herum still werden lässt. Mit dem von Alexander Nitzberg genial übersetzten „Zerfall des Atoms“ bekommt meine sehr überschaubare Bibliothek der Lebensbücher nun Zuwachs.
zum Produkt € 20,00*
When Ijeoma is eleven, civil war breaks out in Nigeria and her father is killed by a bomb. Because her mother is busy trying to build up a new life for them, she sends Ijeoma away to a childless couple who give her room and board in exchange for helping them in the household. One day, another young girl displaced by the war follows her home and the two children become inseparable. What develops between Ijeoma and Amina is more than friendship, though, it is a love that tests their resolve and shakes the foundations of Ijeoma’s faith …
Chinelo Okparanta’s debut novel follows Ijeoma through her war-torn childhood, the awakening of her sexuality and the difficult decisions that come with growing up. It is a powerful examination of the violence and pain of war and religious extremism. But, most importantly, it is a beautiful and hopeful story about love.
zum Produkt € 10,50*
Waclaw verliert seinen besten Freund und Kollegen Mátyás während eines Arbeitsunfalls auf der Ölbohrplattform.
Anja Kampmanns Debütroman erzählt von dem harten Leben der modernen Wanderarbeiter. Sie beschreibt sehr anschaulich die körperliche und menschliche Härte, die dieses den Arbeitern abverlangt.
Waclaw ist im Ruhrpott groß geworden - seine Familie wanderte von Polen nach Deutschland ein. Als junger Mann flieht er mit seiner großen Liebe Milena zurück nach Polen. In der Hoffnung auf ein gemeinsames, besseres Leben, lässt er sich als Bohrarbeiter anwerben.
Er kehrt nie zurück, sondern verliert sich in der Welt. Erst nach dem Tod des Freundes stellt er sich seiner Vergangenheit und begibt sich an alte Orte aus seiner und ihrer gemeinsamen Zeit. Kampmann beschreibt dies durch atmosphärisch vage Erinnerungsbilder.
Ein alter Freund seines Vaters gibt ihm letztendlich ein Gefühl von Heimat zurück ...
Kampmann gelingt es - egal in welchem Land sich Waclaw gerade aufhält - die jetzige und die damalige Arbeitswelt miteinander zu verweben. Dabei lässt sie die Lesenden in eine Melancholie gleiten, die noch lange anhält.
zum Produkt € 23,00*
„Lincoln in the Bardo“ von George Saunders erhielt im letzten Jahr den Man Booker Prize und ist gerade auf Deutsch erschienen.
Ich hatte einen historischen Roman vermutet, bereits auf Seite zwölf stand jedoch fest: Saunders schickt seine LeserInnen dabei auf eine ganz besondere Reise.
Willie Lincoln, der elfjährige Sohn des amerikanischen Präsidenten ist tragisch früh gestorben. In einer Zwischenwelt, angelehnt an das tibetische Bardo, erzählen verschiedenste Geisterstimmen seine, ihre und irgendwie auch unsere Geschichte. Sie führen ohne Rücksicht auf uns Lesende Dialoge, fallen sich ins Wort, bilden einen gewaltigen Chor, kommentieren, beobachten, erinnern, streiten, wundern, bereuen, hoffen.
Die Bandbreite dessen, was wir dabei erfahren, reicht von bestürzendster Trauer bis zu albernster Ausgelassenheit, von scheinbar unwichtigen Befindlichkeiten, bis zu absolut Weltbewegendem.
Die sprachlichen Versatzstücke, das generell Stückhafte, der Verzicht auf die klassische Erzählstruktur, die schnellen Perspektivwechsel funktionieren dabei ganz wunderbar. Dieses Buch transportiert feinste Stimmungen, ohne irgendetwas mit Netz und doppeltem Boden auszuerzählen.
Was für ein gelungenes, natürlich wirkendes Sprachexperiment, das Frank Heibert geradezu überirdisch gut ins Deutsche übertragen hat.
Große, warme, besondere, begeisterte Leseempfehlung.
zum Produkt € 25,00*